Eine „Fabrik“ gegen das Artensterben

Das 1000 Arten Projekt

Bis Renaturierungsprogramme weltweit anlaufen und greifen können, erhalten wir Süßwasserspezies mit einer industriell angelegten Fischnachzucht. Eintausend Arten wollen wir so vor dem Aussterben schützen und für künftige Generationen bewahren.

Der überwiegende Teil bedrohter Süßwasserfischarten findet in bisherigen Artenschutzprogrammen keinen Platz. Auf genau diese Arten konzentrieren wir unsere Anstrengungen.

Unsere Überzeugung ist es, dass das Überleben einer Spezies nicht von ökonomischem Mehrwert (hoher Marktwert im Handel) oder visuellen Charakeristika („schöne“ Fische) abhängen darf.

Ein erreichbares Ziel

Das 1000-Arten-Projekt ist an Kosteneffizienz kaum zu überbieten. Auf vergleichsweise wenig Fläche und mit geringen Kosten können wir das Überleben von 1.000 der insgesamt etwa 2.500 bedrohten Süßwasserfischspezies garantieren. Die Kosten für den Bau der „Generationenbrücke“ kalkulieren wir auf 10 Millionen Euro, die jährlichen Unterhaltskosten auf 2 Millionen Euro.

Wir erarbeiten aktuell ein Finanzierungskonzept, das einen langfristigen Betrieb sicherstellt. Derzeit gehen wir von einem Zeithorizont von 100 Jahren aus – so lange, wie zum Beispiel das Przewalskipferd aus der Wildnis verschwunden war.

Aber wir denken, dass es sich lohnt:

Deutschland steckt rund 600 Millionen Euro jährlich in den Artenschutz. Bei einem Gutteil dieser 600 Millionen Euro kann nicht verlässlich gesagt werden, ob sie tatsächlich dem angestrebten Zweck gedient haben. Bei der kontrollierten Nachzucht dagegen kann man jederzeit exakt den Nachweis bezüglich Erfolg oder Misserfolg führen – wie in einer Schraubenfabrik.

Gegen den Defätismus

Ohne eine breite Unterstützung in der Bevölkerung kann das globalen Artensterben nicht aufgehalten werden. Doch die Stimmung ist weltweit auf der Kippe („Angesichts der riesigen Bedrohung hat doch der Erhalt von ein paar Arten gar keine Bedeutung“). Mit dem Erhalt von 1000 Arten, einer ganzen „Familie“ im Tierreich, schaffen wir dagegen einen Erfolg mit Strahlkraft und Vorbildcharakter – und das auch noch schnell!

 

Aus aktuellem Anlass

Das 1000-Arten-Projekt ist in den Kellerräumen des Berliner „Aquadom“ untergebracht. Im Rahmen des Unglücks am 16. Dezember 2022, bei dem der „Aquadom“ vollständig zerstört wurde, ist auch das 1000-Arten-Projekt in Mitleidenschaft gezogen worden. Glücklicherweise blieben alle MitarbeiterInnen unverletzt und auch unsere aquatischen Schützlinge kamen mit dem Schrecken davon. Bis die Versorgung in den ursprünglichen Räumlichkeiten wieder möglich ist, sind die bedrohten Süßwasserfische aus unserer Zucht bei privaten Experten und dem Berliner Zoo untergekommen.

Derzeit arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Pflege und den Zuchtbetrieb wieder aufzunehmen. Die Voraussetzungen sind bereits geschaffen, es fehlt nur noch die Abnahme. Mehr Informationen zum „Aquadom“ finden Sie auf www.blauerseestern.de

Projektion Bestand Q2 2023

Arten

Becken

Zielmarke: 1000 Arten, 3000 Becken bis 2030

Privatwirtschaftliche Effizienz

Das 1000-Arten-Projekt ist im Kern ein Industrieprojekt. Es ist nicht als Schauaquarium konzipiert, das hohe Instandhaltungs- und Personalkosten erfordern und zusätzliche Mittel für Annehmlichkeiten der Besucher verschlingen würde. Das 1000-Arten-Projekt ist praktisch eine allein auf den Arterhalt spezialisierte Fischfabrik – doch anstelle von Profit sind gesunde Bestände und der Erhalt von Erbgut die angestrebten (und messbaren) Erfolgsfaktoren.

Ein Artenschutzprojekt als Industriebetrieb zu realisieren, hat mehrere Vorteile. Durch die Optimierung und Standardisierung von Arbeitsprozessen und Abläufen wird eine gleichbleibende Qualität sichergestellt, selbst bei wechselndem Personal. Damit erreichen wir Verlässlichkeit und Kontinuität – die zwei wichtigsten Stützpfeiler der Generationenbrücke. Ziel dieser Struktur ist es, das Projekt nach der initialen Phase komplett von individuellen Schlüsselpersonen loszulösen, die aktuell die treibende Kraft hinter dem 1000-Arten-Projekt darstellen. Nur so kann garantiert werden, dass die Generationenbrücke auch tatsächlich mehrere Generationen überdauern und sich selbstständig dem rasanten Wandel der Zeit und den Anforderungen der Zukunft anpassen kann.

Die Nachzucht

Das 1000-Arten-Projekt ist auf Masse angelegt (möglichst viele Arten retten) und nicht auf tiergärtnerische Exzellenz (möglichst schwer zu züchtende Arten nachziehen). Das ist nicht zuletzt dem industriellen Ansatz (Standardisierung sämtlicher Ansätze, Professionalisierung der Betreuung, fest angestellte Tierpfleger statt idealistischer Enthusiasten).  Trotzdem wird es bei einer nicht kleinen Zahl von Arten notwendig sein, aquaristischen Sachverstand „von außen“, aus der Welt der Hobbyaquarianer, dem Bereich „Civil Science“ zu beteiligen.  Für viele Arten findet man nur dort das notwendige Fachwissen, um erfolgreich halten und nachzüchten zu können. Hier das richtige Gleichgewicht zwischen industrieller und privater Arbeitsweise zu finden, wird eine der großen Herausforderungen in diesem Projekt sein..

Das 1000-Arten-Projekt wird nicht alle bedrohten Süßwasserfischarten aufnehmen können. Der hier dargelegte Kern der Anlage schließt alle Fische, die nicht replizierbare oder zu individuelle Ansprüche an ihre Umwelt haben, leider aus. Aktuell gehen wir davon aus, dass die Generationenbrücke Vertreter von einem Viertel aller bedrohten Süßwasserfischarten aufnehmen kann. Mehr Mittel bedeuten natürlich auch immer mehr Möglichkeiten, weshalb ein Ausbau des Projektes zur Einbeziehung weiterer Arten mit individuellen Ansprüchen in einem späteren Schritt absolut wünschenswert ist.

Hotspot mit Strahlkraft

Das 1000-Arten-Projekt ist nicht bloß als Nachzucht- und Arterhaltungsvorhaben zu verstehen, sondern ist auch sehr attraktiv für Wissenschaft und Forschung. Biologinnen und Biologen haben beispielsweise die Möglichkeit, mehr über das Verhalten, die Lebensweise und die Ansprüche selten gewordener Fischarten zu lernen. Grundsätzlich eignet sich das Projekt auch als Hotspot für Diskussionen und den Austausch unter Fachkundigen. Es könnte einen der wenigen Orte schaffen, an dem das über die ganze Welt unsystematisch verteilte Fachwissen speziell über Süßwasserfische konzentriert werden kann.

Diese Mischung aus Expertise und Civil Science, pragmatischen Lösungen und langfristiger Planung ergeben ein Hoffnungsprojekt mit Strahlkraft für die gesamte Welt. Wir zeigen damit, dass selbst mit überschaubaren Mitteln eine nennenswerte Gruppe der Tierwelt sicher für die Nachwelt erhalten werden kann. Angesichts düsterer Aussichten für die nahe Zukunft erscheint es uns wichtig, sich jetzt mit einem disruptiven Artenschutzprojekt dem Stand der Wissenschaft anzupassen.

Uns läuft die Zeit davon und darauf sind bestehende Artenschutzprojekte nicht ausgerichtet. Renaturierung, Verbesserung von Wasserqualität, Alternativen zum Fischfang als Einnahmequelle – all das sind Lösungen, die Zeit brauchen. Zeit, die viele Süßwasserspezies aber schlicht nicht haben.

Die Entwicklung ist dramatisch

Süßwasserfische verschwinden in einem dramatischen Ausmaß aus den Gewässern der Welt. Überfischung, Umweltverschmutzung, globale Erwärmung und die Zerstörung fragiler Habitate treiben die Bedrohung und schlussendliche Vernichtung der Artenvielfalt rasant voran.

Süßwasserfische sind von der Zerstörung von Lebensraum besonders betroffen, da für die Arten keine natürlichen Ausweichmöglichkeiten bestehen.

30 Prozent aller Süßwasserfischarten sind bedroht, 80 Arten bereits ausgerottet.

  • Verlust an Feuchtbiotopen seit 1970 45% 45%
  • Anteil der noch frei fließenden Flüsse mit einer Länge über 1.000 Kilometer 33% 33%
  • Rückgang der Population migrierender Süßwasserfischarten seit 1970 76% 76%
  • Rückgang der Population von Großfischen mit einem Gewicht über 30 Kilogramm seit 1970 94% 94%

Damit die Wiederansiedlung von Süßwasserfischen funktionieren kann, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: gesunde Gewässer und noch existierende Populationen.

Stör

In Deutschlands Flüssen und Küstengewässern gilt der Stör seit 1968 als ausgestorben. Seit 2008 laufen Bemühungen, die 200 Millionen Jahre alte Art wieder anzusiedeln. Fast 20.000 Exemplare sind dafür in Elbe und Nebenarmen ausgesetzt worden. Aber auch die Oder wird von der Gesellschaft zur Rettung des Störs mit Jungfischen besetzt.

Lachs

Der Lachs ist in Deutschland in den 1950er Jahren faktisch ausgestorben. Die Aktion „Lachs 2000“ schaffte es jedoch, den einst heimischen Fisch 1983 wieder anzusiedeln. Die als „Lachs 2020“ fortgeführte Aktion schätzt die Population auf 7.000 bis 21.000 aufsteigende Lachse in Rhein und Nebenflüssen.

Maifisch

Bis auf wenige Ausnahmen ist der Maifisch bundesweit seit Mitte des 20. Jahrhunderts ausgestorben und wurde nur noch vereinzelt gesichtet. Ein EU-Projekt zur Wiederansiedlung des Maifisches zeigt seit 2014 erste Erfolge. Mittlerweile pflanzen sich die einstigen Speisefische im Mittelrhein wieder natürlich fort.

Partner & Projekte

Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz

Sustainable Lake Tanganyika

Prigen Conservation Breeding Ark

Cooperative Project in Mexico

Artenschutzprogramm im AquaDom Berlin

Berliner Gesellschaft für Großaquarien

Im Rahmen des 1000-Arten-Projekts bauen wir ein Netzwerk aus Forschungs- und Nachzuchteinrichtungen, privaten Aquaristen, Zoologischen Gärten und Wissenschaftlern auf und finanzieren Expeditionen zur Bestandserfassung.

Botschafter*Innen des 1000-Arten-Projekts

Gert Emmrich

Gert Emmrich

Präsident - Deutsche Tierparkgesellschaft, Direktor Tierpark Weisswasser


Die Idee, einer so großen Anzahl bedrohter Fischarten auf vergleichsweise kleinem Raum und einer an Effizienz kaum zu überbietenden Betriebsweise die Chance zum Überleben zu bieten, ist genial!

In einer Zeit immer kleiner werdender und zunehmend belasteter natürlicher Lebensräume, verbunden mit wachsendem Artenrückgang und damit schwindender globaler Biodiversität gewinnt die ex-situ-Erhaltungszucht über einen längeren Zeitraum immer mehr an Bedeutung.

Ein solches Vorhaben kann nicht im Alleingang realisiert werden, hier ist staatliche Unterstützung notwendig und mit Sicht auf die Erhaltung der Biodiversität als erklärte staatliche Aufgabe auch geboten.

Dr. Jens-Ove Heckel

Dr. Jens-Ove Heckel

Zoodirektor Landau, ZGAP-Vorsitzender

Das 1000-Arten-Projekt verfolgt einen fast schon bahnbrechenden Ansatz, um Optionen im Artenschutz dem rapiden Verlust an Biodiversität anzupassen. Fachliche Kompetenz, Schnelligkeit und Kosteneffizienz sind gefragt und genau das bringt das 1000-Arten-Projekt mit.

Wir sehen hier eine echte Chance, hunderte Arten über Generationen hinweg für die Nachwelt zu bewahren, für deren Vielfalt zu werben und ursprüngliche Habitate dann wieder mit Leben zu füllen, sobald die Konditionen dafür gegeben sind. Wir sehen die deutsche Politik hier in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten.

Das 1000-Arten-Projekt hat das Potenzial, nicht nur Biodiversität in einer der gefährdetsten Wirbeltiergruppen zu erhalten, sondern auch positive Strahlkraft auf eine oft defätistische Stimmung im Kreise von Artenschützern einzubringen. Es wäre gerechtfertigt und sehr wünschenswert, wenn eine Projektfinanzierung aus Mitteln des Bundeshaushaltes signifikant abgesichert wird.

Roland Wirth

Roland Wirth

Naturschützer, Gründungs- und Ehrenmitglied ZGAP

Ganz im Sinne der Gründungsidee der ZGAP. die gerade 40 Jahre alt wurde, zielt das 1000-Arten-Projekt darauf ab, sich unabhängig vom „Marketingwert“ einer Tierart um einen Teil der Biodiversität zu kümmern, der in besonderem Maße bedroht ist. Süßwasser-Biotope  – Flüsse, Seen, Tümpel – sind natürlicherweise fragmentiert und flächenmäßig begrenzt, gleichzeitig werden sie wie kaum ein anderer Lebensraum vom Menschen rücksichtslos ausgebeutet, verschmutzt, vergiftet, begradigt oder trocken gelegt.

Nicht verwunderlich sind deshalb tausende Arten Süßwasserfische viel bedrohter als etwa Pandabären, Elefanten oder Menschenaffen. Das 1000-Arten-Projekt ist eine fantastische und längst überfällige Initiative, die mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln eine gewaltige Zahl von Ausrottung bedrohter Arten über die Zeit retten kann, bis die Menschheit eines Tages pfleglicher mit den kostbaren Feuchtgebieten und den darin vorkommenden Lebewesen umgeht.

Lothar Frenz

Lothar Frenz

Biologe, Autor und Botschafter der Loki Schmidt-Stiftung

Spannend und inspirierend: Wir müssen dringend anders denken und neu denken – und dabei verschiedene Wege gehen und ausprobieren. Dabei müssen wir unterschiedlichstes Knowhow bündeln.

Das 1000 Arten-Projekt ist ein tatkräftiger Ansatz zur Rettung der so wichtigen Süßwasserlebensräume und ihrer Bewohner und kann Beispiel sein, um andere hoch bedrohte Organismengruppen in bessere Zeiten zu retten. Letztlich geht es dabei um die Stabilität der globalen Ökosysteme und darum, unser aller Überleben zu garantieren.

Uwe Abraham

Uwe Abraham

Initiator des 1000-Arten-Projekts

Uwe Abraham ist Gründer und Geschäftsführer eines Berliner Ingenieurbüros und Direktor des AquaDoms.

Wir brauchen Ihre Unterstützung!

Um das 1000-Arten-Projekt im notwendigen Maße ausweiten zu können, brauchen wir überzeugte Fürsprecher*Innen aber auch kritisches Feedback.

Dafür wollen wir Sie, ja genau Sie, gewinnen. Bitte melden Sie sich bei uns unter info@1000arten.org für weitere Informationen!

Berliner Gesellschaft für Großaquarien mbH
Motzstrasse 54
10777 Berlin

info@1000arten.org

1000 Arten Projekt

Eine Initiative der Berliner Gesellschaft für Großaquarien

Made with ❤️ in Berlin.